Die Kirche ist der zweitgrößte Großgrundbesitzer nach dem Staat. Wo sind sie, die Klöster, die ihr Vermögen in karitative Nächstenliebe investieren, ihre Tore den Ärmsten öffnen und jedem, ob Christ, Moslem oder Hindu, brüderliche Aufnahme, Arbeit und Anerkennung ermöglichen? Wo ist die Kirche? Die Zahlen geben die Antwort. Von den Tausenden, die jährlich Asyl suchen, ist die Zahl derer, die in klösterlichen Einrichtungen unterkommen an den Fingern abzuzählen. Die Kirche als Drehscheibe in der Asylfrage – eine Utopie? Die krause Fantasie eines Schriftstellers? Oder bald schon Realität? Gäbe es einen Grund, der dagegenspräche? Eine humane, gesetzeskonforme, staatlich kontrollierte und mit NGOs koordinierte Vorgehensweise in der Flüchtlingsproblematik hätte nur Gewinner, egal ob von der humanitären, ökonomischen, demografischen oder kirchenpolitischen Warte aus betrachtet. Es wäre die historische Chance eines gerade in humanitären Fragen so offenen – und erfreulich selbstkritischen – Pontifikates, einen Schlussstrich unter die Verfehlungen der Vergangenheit zu ziehen und einen neuen Aufbruch einzuleiten. Utopie oder Realität? Mit demselben unerschütterlichen Optimismus, der mich an meinem Glauben an das Weiterleben des Geistes festhalten lässt, glaube ich auch an die Auferstehung einer Kirche, die bereit ist, sich auf ihre Grundaufgaben zu besinnen: karitative Nächstenliebe und Mission.
Warum Mission auf die entlegensten Ecken unseres Planeten beschränken, wenn es im eigenen Land so viel zu missionieren gibt? Ist nicht jede Vision einer besseren Gesellschaft letzten Endes Mission, wenn sie auf fruchtbaren Boden fällt? Utopie von heute – Realität von morgen.
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