Tom Ackermann

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Copyright Tom Ackermann 2018

Tom Ackermanns Geburtsstadt

25. Februar 2020 von Tom Ackermann Kommentar verfassen


In einer Sendung über Sigmund Freud bezeichnete ein Seelenklempner Wien als eine Stadt der Neurotiker. Einen üppig gedeckten Tisch für den Tiefenpsychologen und Traumdeuter Freud, dem nirgendwo sonst ein so durchschlagender Erfolg beschieden gewesen wäre als hier in dieser seelenverklemmten Stadt, wo er aus dem Vollen schöpfen konnte.      

Meine Geburtsstadt ein Tummelplatz von Psychos? Ist ein so pauschales Urteil zulässig? Wien hat im Laufe seiner Geschichte kaum anderes erlebt als vergleichbare Metropolen. Selbstgemachtes und fremdverschuldetes Elend, Kulturkriege, Ständekriege, Absolutismus, Faschismus und die Herrschaft der katholischen Kirche. Die Frage ist, wie die Wiener Seele damit umgegangen ist. Bewältigung oder Verdrängung? 

Der Wiener ist ein bekennender Minimalist. Angesichts dessen, was andere besitzen, meint er nur stereotyp: „I‘ brauch des all’s net. I‘ wüll nur mei‘ Ruh‘.“ Ruhe und ewige Ruhe sind für ihn eng beheimatete Begriffe. Mit zur Schau getragener Duldermiene erträgt er die Prüfungen des Lebens und schiebt Nichtbewältigtes in das Nachtkästchen des Unterbewussten. Er raunzt und lamentiert wegen jeder Kleinigkeit, hat sich aber mit dem Kleingeist, der ihn umgibt, arrangiert. Wien ist immer Biedermeierstadt geblieben. Heiterkeit nach außen, der sprichwörtliche „Schmäh“, als Selbstschutz. Welche andere Stadt würde einen „Lieben Augustin“, einen notorischen Trinker, der unter Realitätsverlust leidet, zur Leitfigur machen?

Missglückte Lebensbewältigung oder bloße Koketterie mit dem Morbiden? Die Theaterstücke, die an unseren Bühnen gegeben werden, handeln auffallend oft von geistiger Umnachtung – und die Regie zieht alle Register, dieses Irresein noch zu verstärken. Auffallend viele Romane, die hier geschrieben wurden, haben Untergang und Weltschmerz zum Thema. Das sogenannte Wienerlied kokettiert ständig mit dem Tod. Jedes zweite Heurigenlied besingt das Sterben – sogar beim geselligen Saufen denkt man an den Tod. 

Der Wiener ist ein wandelndes Lexikon der Populärmedizin und war es schon, bevor Doktor Google kam. Was ein gepflegter Kaffee-haustratsch sein will, ergeht sich in Beschreibungen und Diagnosen von Siechtum und Elend, entweder dem eigenen oder, so man damit nicht aufwarten kann, dem seiner Nahestehenden. Den Spaziergänger zieht es magisch ins Zwischenland des Zentralfriedhofs, wo er in lieblicher Landschaft über Leichen gehen kann, die da, wie es heißt, „sanft schlummern“, eingebettet in marmornen Kitsch.

Wie kein anderes Völkchen, das von der tragischen slawischen Seele geprägt ist, liebt der Wiener das Tête-à-tête mit dem Tod als treuem, stets erreichbarem Freund oder, wie der Wiener sagt, „Spezi“. Daraus schöpft er die Kraft zur Bewältigung des Übergangszustandes, sprich: Leben. 

Not, Elend und Verlust sind für den, der sich die Schwermut um den Hals hängt, logische Zustände. Wir brauchen in unserer Geschichte gar nicht so weit zurückgehen, um uns das vor Augen zu führen. Unsere Eltern blicken zurück auf eine Kindheit, die nicht an Glück und Geborgenheit überfloss, von „freien Entfaltungsmög-lichkeiten“, einer „Selbstverwirklichung“, wie man sie heute für sich in Anspruch nimmt, ganz zu schweigen. Unsere Groß- und Urgroßeltern   wurden politisch auf ein Minimum zurechtgestutzt, doch haben sie gelernt, in Zeiten des Elends innerlich zu wachsen. Schrecknisse wegzustecken, die ihnen sonst den Verstand rauben würden, und solche zu ignorieren, die man nicht ändern kann.

Inneres Wachstum bedeutet aber auch, klaren Kopf zu bewahren. Die Dinge so zu sehen, wie sie sind und sie richtig zu interpretieren. Nehmen die Nebel der Verdrängung so sehr überhand, dass die klare Sicht verschwindet, drohen Perspektiven zu kippen. Geschehenes wird verharmlost, Schuld geleugnet, Xenophobie als Heimattreue verteidigt, Verbrechen an der Menschlichkeit bagatellisiert und gescheiterte Weltanschauungen neu heraufbeschworen. 

Nur wer die Vergangenheit bewältigt hat, schafft es, in der Gegen-wart zu leben und sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Die Verlierer von heute glorifizieren ein verlorenes Gestern und verschließen sich einem Morgen.

Kategorie: Leseprobe, Tom im Turm

Welcome to Archie’s 

25. Februar 2020 von Tom Ackermann Kommentar verfassen

“Vic!Vi-i-i-i-ic! Wo steckt der Typ?”                                  

Der ‚Typ‘ bin ich. Vic Rawling. Typ: halbwüchsig. Mit fünfzehn läufst du unter dem Label ‚halbwüchsig‘, egal, ob du 4 Fuß 6 misst oder 6 Fuß 4. Ich bin 6 Fuß 4. Für Matheschwache: 1,90 Meter. Einsneunzig! Riesenwuchs sei normal bei unserer Ernährung, meint der Arzt. Perfectly normal, wie er immer sagt. Frage mich, was ist da perfekt und was normal? Ins Kraut zu schießen wie genmanipulierter Mais ist eine mittlere Katastrophe.

(1) Die Kleidung wird zu eng. Was bei mir so und so der Fall ist. Deshalb bevorzuge ich Baggy-Look. Hasse es, in Kleidern zu stecken wie in einer Zwangsjacke. 
(2) Du kannst nicht mehr untertauchen. Dein Typ ragt aus der Menge. Für andere vielleicht cool. Ich, für meine Person, ziehe Deckung vor.          
(3) Du musst dein Verhalten überdenken. Zornesausbrüche, Schreiorgien, Tränen – all das schlag dir besser aus dem Kopf. Es ist peinlich, wenn ein Einsneunzigmann heult.  
(4) Kleinere Umbauten werden fällig. Habe den Spiegel im Bad zehn Zoll höher montiert. Mein Typ wird sich nämlich mit dem Gedanken anfreunden müssen, sich zu rasieren.
(5) Du gehörst einer aussterbenden Spezies an. Riesenwuchs ist der Anfang vom Ende, no kidding. Durch Fakten belegt. Woran sind vor 65 Millionen Jahren die Dinos krepiert? Okay, es passiert nicht alle Tage, dass so ein Mega-Meteorit aus heiterem Himmel mitten in unseren Globus crasht. Aber dass dann gleich so ein Armageddon kommt und alles geht ex? Wenn du mich fragst, die sind an ihrer eigenen Masse krepiert. Haben ihren XXXL-Body nicht mehr im Griff gehabt. Eine Zeitlang ist Wachstum cool, doch irgendwann ist man zu groß und zu fett um zu leben. Okay, mit 6 Fuß 4 bist du noch nicht von der Auslöschung bedroht, da lebt sich’s noch recht kommod. Das ist dir spätestens dann klar, wenn du vor dem Kodak Theater stehst, in der Menge eingekeilt, und zwei Dutzend Köpfe vor dir steigt Jennifer Lopez aus der Stretchlimo,in einem bis zum Nabel geschlitzten Glitzerfummel. Und sie trägt keine Bleistiftabsätze, seit sie bei dem Versuch, die Goldene Himbeere auf Stelzen entgegenzunehmen, auf die Nase geflogen ist. Seitdem huldigt sie dem Prinzip, Wer sich erhöht, wird erniedrigt, und läuft zehn Zoll kleiner über den roten Teppich. Da dankst du dem Himmel für deine zehn Zoll mehr, believe me.

Mit dem Gewicht ist das auch so eine Sache. Gestern war bei mir Feuer auf dem Dach, ich hab nämlich die Zweihundert-Pfund-Schallmauer erreicht. Für Matheschwache: 90,7 Kilogramm! Neunzig komma sieben! Holy moly! Als ich auf der winzigen, wackeligen Waage stand, die sie dir im WalMart für 19.99 nachwerfen, dachte ich, das Ding kapituliere unter mir. Zweihundert Pfund! Perfectly normal, behauptet der Arzt. Was soll einer sagen, der selber zweihundertsechzig wiegt und beim Ansetzen des Stethoskops so schnauft, dass er meine zarten Herztöne nicht hört? So jemand kann dir nicht gut eine Strafpredigt halten, was für ein verfressener Sack du bist. Obwohl er damit richtig läge. Der kleine Vic hat Phasen, da ist er regelrecht besessen und zieht sich wie der Böse mehrmals am Tag Big-Macs, Chicken Nuggets, Pizza Slices und andere Killerapparate rein und überbrückt die Pausen dazwischen mit Muffins und Donuts. Solche McGobble-Orgien sind stets gefolgt von McGuilt-Gefühlen. Schuldgefühle sind wie Zahnschmerzen. Rückst du ihnen nicht beizeiten zu Leibe, brauchst du eine Wurzelbehandlung. Fühl mich dann wie mein altes Gummitier, das ich damals als zwölfjähriger Säugling so heiß geliebt habe. So lange, bis es eines traurigen Tages mitten am Strand von Little Venice den Geist aufgegeben hat und – puff! – zerplatzt ist. Dad hat versucht, den Herstellern den Arsch aufzureißen, aber die sichern sich ab. Kein Fabrikationsfehler. Wenn du zu viel Luft reinpumpst, übernehmen die keine Garantie. Zuerst merkst du gar nicht, wie viel schon in dem Ding drin ist, es liegt flach und schlaff vor dir, obwohl du pumpst wie der Böse, pumpst und pumpst und nichts regt sich. Endlich tauchen so kleine Wülste auf, auch noch nichts Aufregendes. Dann plötzlich wölbt sich alles zu prallen Ringen und du solltest aufhören zu pumpen, pumpst aber, weil du so in Fahrt bist, noch mehr rein und noch mehr, bis das arme Gummitier ausschaut wie Jabba the Hutt. In Panik reißt du den Stöpsel raus und willst Luft ablassen – geht aber nicht! Das Ding bleibt zum Platzen prall, weil das Ventil nur in eine Richtung geht. Immer nur rein, aber nicht raus. Sicherheitsmaßnahme. Du müsstest es komplett abschrauben. Bis ein ungeschickter Typ wie ich das schafft – puff! –  ist es schon passiert. 

„Irgendwann wirst du Fresssack platzen wie dein Gummitier – puff!“ hat Dad gesagt. Für meinen Geschmack zu explizit in der Wortwahl, aber in der Sache hat er recht. Diese Risse in der Bauchhaut sind die ersten drohenden Vorboten. Eine Schwäche im Bindegewebe, meint der Arzt, perfectly normal. Trotzdem schrillen die Alarmglocken. Ich werde den McBacon-Ringen den Krieg erklären und Bodybuilding machen. Zehn Pfund krieg ich leicht runter, vielleicht zwanzig, yes, I can! Morgen, spätestens übermorgen, fange ich damit an. Es ist fünf vor zwölf. Da genügt ein Blick in den Spiegel, der jetzt zehn Zoll höher hängt und mir die Katastrophe in Close-up zeigt.

Obwohl ich eigentlich gar nicht so übel aussehe. Ich bin nicht fett, gemessen daran, was hierzulande unter ‚fett‘ läuft. Aber ich krieg doch tatsächlich eine Oberweite! Eine Oberweite, um die mich so manches magersüchtige Model beneiden würde. Gynäkomastie, sagt der Arzt. Eine Pubertätserscheinung, perfectly normal. Also, ich weiß nicht. Normal vielleicht in der Pubertät, da hast du für alles Abnormale eine Ausrede. Aber wenn ich mir diese Gruftis anschaue, die in der Früh über den Boulevard joggen, Nike-Kappe auf der Glatze und Hündchen an der Leine, die haben keine Ausrede, wenn beim Joggen die Titten pendeln wie Puddingmasse. Und ich fang verdammt früh damit an. In meinem Alter eine Oberweite? Da sollte sich doch eher unten was tun. Manchmal denke ich, Gott muss zugekifft gewesen sein, als er an der männlichen Anatomie herumgebastelt hat. Alles in sieben Tagen durchjagen – das kommt dabei raus! Wünschte, meine Haare hätten noch die Länge von früher, dass ich am Strand die Titten zudecken kann. Lange Haare sind praktisch. Ist schon ein Weilchen her, da bin ich rumgelaufen wie ein Heuschober, so einer von der Sorte, wie sie früher auf den Feldern standen, bevor sie angefangen haben, alles in Plastik zu hüllen. In der Haarfrage herrschte eine Zeitlang Cold War zwischen mir und Dad, der auf militärisch macht und voll auf Bruce Willis abfährt. Irgendwann hatte ich den ständigen Zoff wegen der Haare satt und ließ mich breitschlagen, einen Friedensvertrag zu unterschreiben. Jawohl, einen Friedensvertrag! Der alte Fuchs hat mir so einen Wisch vorgelegt, in dem ich mich per Unterschrift verpflichtet habe, mich alle sechs Monate unters Messer zu begeben. Natürlich nicht umsonst. Der Köder war ein Tag im Disney California Adventure, wo ich Dad nie im Leben hinbekommen hätte. Wer braucht Disney, sagt er immer, bei uns im Hotel laufen mehr Comicfiguren herum als im Magic Kingdom und Disney California zusammen. Das ‚Adventure‘ hat dann darin bestanden, dass mir nach zwei Pfund Zuckerwatte und anschließender Liftfahrt im Tower of Terror so sauschlecht geworden ist, dass ich mit meiner Kotze eine Spur durch halb Disney gezogen habe. Und am nächsten Tag trug ich eine Vin-Diesel-Glatze. You never win! 

Selber schuld. Hätte wissen müssen, dass Dad kein Freund von halben Sachen ist, und darauf bestehen sollen, dass eine Klausel in den Vertrag kommt, die mich vor Totalverschandelung schützt. Aber wer kann ahnen, dass ein fühlender Vater sein eigen Fleisch und Blut regelrecht skalpieren lässt – und dabei Celine Dion hört! Die hat der Friseur zur Beruhigung aufgelegt, so wie sie auf der Titanic noch bis zuletzt Musik gespielt haben. Doch trotz Celine-Berieselung war der Friseur alles andere als beruhigt. Beim Anblick meiner grausamen Verstümmelung habe ich so sehr geschrien und Rotz geheult mit meinen verletzlichen vierzehn, dass er sich wie Sweeney Todd vorgekommen sein muss und mich und Dad alles Mögliche geheißen hat. Freundlich wurde er erst wieder, als Dad ihm zur Entschädigung für seine seelische Not zehn Bucks Trinkgeld in den Kittel gesteckt hat. Für Dads Begriffe ausgesprochen nobel.Mir gegenüber hielt sich seine Noblesse in Grenzen. Seine tröstenden Worte waren: Wozu so viel Stroh am Kopf haben, wenn man es schon im Kopf hat? Vaterliebe ist ein zartes Pflänzchen.

Sei’s drum. Das Thema Friseur ist für alle Zeiten vom Tisch. Einen solchen Auftritt riskiert Dad kein zweites Mal. Dem sind Szenen in der Öffentlichkeit peinlich. Mir nicht. Ich finde es interessant zu beobachten, wie Leute auf uns reagieren. Peinlich sind mir andere Dinge. Zum Beispiel kahlgeschoren durch die Gegend zu rennen, als hättest du Krebs oder Läuse. Von Jeff weiß ich, dass das Wachstum von Haaren maximal einen halben Zoll im Monat beträgt und es keinen Dünger gibt, kein Viagra oder sonst was, womit man es auf Touren bringen könnte. Ich brauche 18 Monate, bis alles wieder seine Länge hat. Anderthalb Jahre! Geschieht mir recht. Ich hätte voraussehen können, was passiert, wenn man sich mit Leuten wie Dad auf einen Deal einlässt. Leider bin ich nur optisch weitsichtig. Vier Dioptrien – super! Seh vom Zimmer aus die HOLLYWOOD-Lettern gestochen scharf, aber wenn ich in der Nacht auf die Uhr schauen will, muss ich den Boden nach der Brille abtasten. Ich schlag nämlich im Schlaf wild um mich und am Morgen ist das Zimmer das reinste Schlachtfeld (hängt vermutlich damit zusammen, dass ich ständig solches Zeug träume, von Mom und so). Versuch mal, mit vier Dioptrien eine Brille mit den Händen zu ertasten, bevor du mit den Füßen draufstehst. Brillenträger sind gestraft für ihr Leben. Der einzige Vorteil von Brillen ist, dass sie viel vom Gesicht kaschieren. Vor allem große mit dicken Fassungen. So sehr habe ich mich an die Dinger gewöhnt, dass ich mir nackt vorkäme ohne. In einem schwachen Moment hat Dad eingewilligt, mir eine dieser schweineteuren runden Fassungen zu kaufen, wo sie dir garantieren, dass du ausschaust wie Harry Potter. Ich schau aber nicht aus wie Potter, ich schau aus wie Miss Trelawney. You never win. 

Dabei bedeutet Victor Sieger. Dad hat einen Fimmel für Latein, noch aus seiner eigenen Schulzeit, als sie ihm mit Latein den Arsch aufgerissen haben. Gaudeamus igitur! Was du empfängst, gibst du weiter, so hat er mich in Sunset High gesteckt, die einzige Schule, in der die Sprache noch unterrichtet wird. Noch dazu von einem Kerl, der sich seine Komplexe abreagiert, indem er sich über unsere lateinischen Namen krummlacht und mir nach jeder verhauten Vokabelprüfung den Victor unter die Nase reibt. Who cares? Latein ist ohnehin bald weg, da trau ich mich zu wetten. Oder kennst du jemand, der es noch spricht im WalMart, beim Macky oder in der U-Bahn? Der Sadist, der mich piesackt, ist vielleicht morgen schon Taxifahrer, und ich kann wieder in Frieden Victor sein.

Victor Rawling – nicht gerade ein Hollywoodname. Adam Sandler oder Ryan Gosling, das geht gerade noch. Aber Rawling? Sollte ich einmal entdeckt werden, werde ich mir ein Pseudonym zulegen müssen wie Dad. Der hieß früher Hartwig Hawlicek. Kein Mensch hier kann einen solchen Namen aussprechen. Deshalb hat die Einwanderungsbehörde Dad nahegelegt, ihn auf Arthur Rawling zu ändern. Der Beamte hat Hawlicek ausgesprochen wie ‚holy-sack‘ und gemeint, Holy Sack passe nicht zu meinem Dad, so schlug er Rawling vor. Ich für meinen Teil wäre lieber ein Holy Sack, doch auch als Rawling lässt es sich leben. Wer weiß, was mir alles an Mobbing erspart geblieben ist. An Sunset High rufen sie dich tatsächlich noch mit dem Familiennamen auf, so wie sie Dad in seiner Kindheit mit Hawlicek aufgerufen haben, wenn sie ihm den Arsch aufgerissen haben, und nicht mit Hartwig oder Harti. Klingt auch zu amikal, jemand Harti zu rufen, wenn du vorhast, ihm den Arsch aufzureißen. Auch einige Mitschüler rufen mich Rawling, wahrscheinlich die, die selber Lehrer werden wollen. Solche Typen gibt es, die mit dem Brustton der Überzeugung sagen: Ich will Lehrer werden. 

Vielleicht, weil es der einzige Beruf ist, in dem du noch jemand unter dir hast, dem du den Arsch aufreißen kannst.                

“Vi-i-i-i-c!!! Wo steckt der Kerl bloß?”

Deep in the shit, wo sonst?

Kategorie: Hollywood Hotel, Leseprobe

Stirbt David?

13. Februar 2020 von Tom Ackermann Kommentar verfassen

Kategorie: Bücher, Stirbt David?

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